Neuer Rohrabschneider im Vergleich

 

Die Firma Kunibert Michel hat einen neuen Rohrabschneider entwickelt, der neben der absoluten Präzision auch mit einer neuen Art des Rohraufschneidens überrascht. Wie schlägt er sich im Vergleich zu den bisher üblichen Rohrabschneidern? Im Test stehen sich der Abschneider von Reeds 'n Stuff, Kunibert Michel und Georg Rieger gegenüber.


Der neue Abschneider von Kunibert Michel macht einen sehr robusten Eindruck. Er hat mit seinen 360 g Gewicht eine gute Standfestigkeit und das Metall wirkt sehr hochwertig. Der Hebel für das Messer lässt sich leicht bewegen und gleitet sanft bis zum Anschlag. Die Messerführung ist sehr exakt ausgearbeitet, so dass nichts wackelt oder Spiel hat.

Sofort ins Auge fällt das unten angebrachte Einstellrad, welches den Schlitten für das Rohr ganz präzise steuert. Eine Umdrehung dieses Rades verändert die Abschneidelänge um genau 0,5mm. Dadurch ist es möglich die Länge auf 1/100mm genau festzulegen. Eine bisher absolut unerreichte Präzision!

Das zweite an der Seite angebrachte Rad ist zur Arretierung des Einsatzes für das Oboen- bzw. Englischhorn- oder Oboe d'amore-Rohr

Der beim Einsatz für das Englischhorn und die Oboe d'amore eingebaute Dorn lässt sich nach hinten verschieben und mit dem kleinen Rad oben feststellen. Dadurch kann bei jedem Hülsentyp die Skala genullt werden und der Abschneider ermöglicht somit auch bei den Nebeninstrumenten eine präzise Längenbestimmung.

 

Abschneider von Michel mit Einsatz für Englischhorn und Oboe d'amore
Abschneider von Michel mit Einsatz für Englischhorn und Oboe d'amore

Die beiden runden Messer schneiden das Rohr von außen nach innen ohne es großartig zusammenzudrücken.
Die beiden runden Messer schneiden das Rohr von außen nach innen ohne es großartig zusammenzudrücken.

Die zweite Innovation sind die beiden runden Messer des Abschneiders. Statt wie üblich, eine Auflage und ein Messer, fungiert der Abschnieder von Michel wie eine Schere. Das Rohr wird von außen nach innen geschnitten und nicht abgeknipst. Durch die Wölbung der Messer wird das Rohr zudem beim Schneiden nicht mehr gequetscht und kann dadurch nicht reißen.  Es entsteht ein absolut saubere Schnittkante.



Der Test

 

 

Wie verhält sich der neue Abschneider in der Praxis und kann er sich gegenüber andere Herstellern behaupten?

Zum Vergleich stehen die Rohrabschneider von Reeds 'n Stuff und Georg Rieger.

Der Test erfolgte mit Oboenrohren, bei denen die äußere Schale grob entfernt wurde, jedoch nicht so dünn, dass es die Abschneider leicht hatten. Vor dem Abschneiden wurden die Rohre eingeweicht um ein Reißen zu vermeiden.

Teil des Tests war weiterhin das Kürzen eines fertigen Rohres um ca. 2/10 mm, was oft zum Begradigen der Ansprache genutzt wird.

Von links nach rechts: Kunibert Michel, Reeds 'n Stuff und Georg Rieger
Von links nach rechts: Kunibert Michel, Reeds 'n Stuff und Georg Rieger

Kunibert Michel

 

Das Einlegen in den Abschneider geht sehr einfach und mit dem Stellrad kann die Länge des Rohres sehr einfach und  präzise eingestellt werden. Ein Strich am Rad verändert die Länge um genau 1/100mm und nach 2 Umdrehungen hat man den Abschneider erst um 1mm verstellt. Auf der rechten Seite werden durch den schwarzen Pfeil an der Längenskala die Millimeter angezeigt.

Das Abschneiden des Rohres geht sehr einfach ohne großen Kraftaufwand und man sieht deutlich, dass das Messer mehr schneidet als knipst. Zudem wird das Rohr kaum zusammengedrückt.

Das Schnittergebnis ist absolut perfekt und zeigt keinerlei Einkerbungen oder Ausfransungen. Auch die Länge stimmt mit der eingestellten Skala perfekt überein. Positiv ist zudem, dass noch ein weiteres Loch im Messer eingearbeitet ist, um das Rohr nach dem Schneiden leichter zu entnehmen. (siehe Bild oben)

Beim geringfügigen Kürzen von einem fertigen Rohr um 1-2/10mm, kann es bei einer sehr dünnen Ansprache zu einem etwas unregelmäßigem Schnittbild kommen. Das Messer schneidet zwar sehr gut durch das Holz, jedoch wird das Rohr nicht zusammengedrückt. Bei einer dickeren Ansprache und einer Kürzung von über 2/10mm liefert aber auch der Abschneider von Michel wieder perfekte Ergebnisse.

Der Einsatz für die Oboe d'amore und das Englischhorn funktioniert sehr gut. Der Dorn ist so geformt, dass er bei Hülsen beider Instrumente einen sehr stabilen Halt gibt.

Das Oboenrohr liegt sehr stabil im Einsatz.
Das Oboenrohr liegt sehr stabil im Einsatz.
Das Einstellrad erlaubt ein Präzision von 1/100mm.
Das Einstellrad erlaubt ein Präzision von 1/100mm.
Die Schnittkante ist absolut gerade.
Die Schnittkante ist absolut gerade.

Reeds 'n Stuff

Die Rohrguillotine von Reeds 'n Stuff besitzt ein gerades Messer.
Die Rohrguillotine von Reeds 'n Stuff besitzt ein gerades Messer.
Der Schlitten kann aus der Führung gezogen werden und umgedreht für Englischhorn oder Oboe d'amore genutzt werden.
Der Schlitten kann aus der Führung gezogen werden und umgedreht für Englischhorn oder Oboe d'amore genutzt werden.
Auch hier ist das Schnittergebnis sehr gut.
Auch hier ist das Schnittergebnis sehr gut.

 

 

Der Abschneider von Reeds 'n Stuff ist ebenfalls sehr robust gebaut aber mit 190 g etwas leichter. Die Maschine besitzt ein gerades Messer welches ebenfalls in einer Führung durch einen Hebel nach unten geschoben wird. Auffällig dabei ist, dass sich im Leerzustand das Messer wesentlich schwerer bewegen lässt als bei Michel.

Der Schlitten für das Rohr besitzt ebenfalls einen Aufsatz für Oboe und Englischhorn. Dieser wird einfach per Hand verschoben und kann umgedreht werden. Durch eine federgelagerte Kugel entsteht ein gewisser Widerstand, was ungewolltes Verrutschen verhindert. Der Dorn für das Englischhorn ist sehr klein gewählt, so dass auch Rohre der Oboe d'amore darauf passen. Allerdings sitzen diese dadurch sehr locker. Ein präzises Schneiden wird daher bei diesen Instrumenten erschwert. (Auf der Seite von Reeds 'n Stuff ist jedoch eine neue Version zu sehen, welche einen anderen Dorn besitzt.)

Das Oboenrohr sitzt gut in der Führung und kann mit etwas mehr Kraftaufwand als bei Michel geschnitten werden. Dabei wird es etwas  zusammengedrückt, was bei Rohren mit zu viel Spannung zum Reißen führen kann.

Die Einstellung der Länge erfolgt mithilfe der Skala rechts und einer kleinen Einkerbung am Schlitten. Der geringe Widerstand beim Schieben ermöglicht auch hier eine präzise Einstellung um einige 1/10 mm. Konkretes Ablesen ist hier aber nur im Millimeterbereich möglich.

Das Schnittergebnis ist auch hier sehr gut. Einkerbungen oder Ausfransungen sind keine zu erkennen und die eingestellte Länge stimmt exakt.

Das Kürzen um einige 1/10mm bei einem fertigen Rohr funktioniert gut, nur versperrt das Messer ein wenig den Blick. Man sollte das Rohr zudem etwas mit dem Finger zusammendrücken, um die Ansprache zu schonen. Das Schnittergebnis ist auch hier sehr gut.

 


Georg Rieger

 

Der Abschneider von Georg Rieger ist kleiner und flacher als die anderen beiden. Er wiegt nur 160g und passt praktischerweise sogar in die schmale Tasche des Oboenkastens.

Das Messer des Abschneiders ist in die Achse eingearbeitet und lässt sich leicht mithilfe des Hebels bewegen. Durch diese Besonderheit ist das Messer auch sehr geschützt.

Der Schlitten für die Rohre ist in einer Bahn geführt und lässt sich mithilfe des Rades fixieren. Die Skala am Rand ist ins Metall eingearbeitet und sehr grob. Die exakte Länge lässt sich zwar gut einstellen, jedoch sind die Millimeterstriche so dick, dass sie etwas Spielraum zulassen.

Durch Umdrehen des Schlittens lassen sich auch hier Rohre für Englischhorn und Oboe d'amore bearbeiten. Diese sitzen auf dem kleinen Dorn auch nicht so fest, aber weniger wacklig als bei Reeds 'n Stuff.

Das Aufschneiden des Oboenrohres ging eher schwer. Hier wird das Rohr sehr zusammengedrückt, was die Gefahr des Reißens erhöht. Das Schnittergebnis ist aber auch bei Georg Rieger sehr gut und es war ebenfalls möglich das Rohr auf die korrekte Länge zu kürzen. Genauigkeiten unterhalb von 1mm kann man allerdings nur schätzen.

Einen großen Vorteil zeigt der Abschneider beim geringfügigen Kürzen von fertigen Oboenrohren. Durch das spezielle Messer, welches sich beim Hochführen des Hebels komplett wegdreht, kann man sehr gut auf das Rohr schauen. Dadurch fällt es leicht auch  minimale Kürzungen der dünnen Ansprache vorzunehmen. Messen kann man diese hier aber ebenfalls nicht.

Georg Rieger hat das Messer in einer Achse verbaut.
Georg Rieger hat das Messer in einer Achse verbaut.
Der Schlitten für die Rohre besitzt auch zwei Aufsätze.
Der Schlitten für die Rohre besitzt auch zwei Aufsätze.
Trotz höherem Kraftaufwand ist der Schnitt bei Rieger auch sehr gut.
Trotz höherem Kraftaufwand ist der Schnitt bei Rieger auch sehr gut.

Fazit

 

Alle drei Abschneider lieferten ein sehr gutes Schnittergebnis und sind daher auch zu empfehlen.

Michel tritt beim Test in Punkto Präzision jedoch sehr positiv hervor und auch das gefahrlose Aufschneiden mithilfe des runden Messers ist eine wahre Innovation. Das Kürzen von fertigen Rohren mit sehr dünner Ansprache ist aber erst ab 2/10mm zu empfehlen.

Hier ist der Abschneider von Rieger besser geeignet. Das besondere Messer ermöglicht das haarfeine Abschneiden an der dünnen Ansprache. Dafür fällt das Aufschneiden des Oboenrohres bei diesem Abschneider am Schwersten und birgt die größte Gefahr des Reißens.

Reeds 'n Stuff ist der Allrounder. Sowohl genaues Aufschneiden von Rohren, sowie das Kürzen im 1/10mm Bereich waren hier gut möglich auch wenn man dies nicht an der Skala ablesen kann.

 

Ich habe mich für eine Kombination aus Kunibert Michel und Georg Rieger entschieden. Zum gefahrlosen Aufschneiden der Rohre auf 1/100mm genau ist der Abschneider von Michel ideal und zum Kürzen der Rohre habe ich den von Georg Rieger in meiner schmalen Tasche vom Oboenkasten.

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Kommentare: 3
  • #1

    Bernd Schulz (Sonntag, 25 November 2018 01:05)

    Vielen Dank für den umfassenden Testbericht! Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, mir den neuen Rohrabschneider von Michel anzuschaffen, aber davon werde ich wohl Abstand nehmen, weil ich ein solches Gerät primär zum minimalen Kürzen einer sehr dünnen Ansprache verwenden möchte.

    Aktuell besitze ich neben dem Abschneider von Reeds 'n Stuff (aus etwas älterer Fertigung) noch ein wenig verbreitetes Modell aus dem Hause Hipper (in zweifacher Ausführung). Mit dem Hipper-Rohrabschneider bewerkstellige ich seit Jahren das erste Aufschneiden der Rohre zu meiner großen Zufriedenheit; die Länge lässt sich fest einstellen (damit ich nicht immer wieder Veränderungen an der Einstellung vornehmen muss, verwende ich zwei Geräte - eines für Rohre auf 46er Hülsen und das andere für Rohre auf 47er Hülsen), und der Arbeitsvorgang beansprucht somit ein Minimum an Zeit. Außerdem gelangen bei diesem Abschneider leicht austauschbare sowie sehr preisgünstige Dreilochklingen zum Einsatz; jedwedes Nachschleifen entfällt damit auf immer. Sehr feine Schnitte an fast fertigen Rohren lassen sich mit diesem für das zügige Aufschneiden perfekte Modell aber nur schwer erzeugen.

    Mit meinem Rohrabschneider von Reeds 'n Stuff sind leider auch keine sehr feinen Schnitte möglich, weil man den Bereich, in dem der Schnitt geschieht, unsinnigerweise nicht einsehen kann. Und fürs grobe Aufschneiden ist mir die Bedienung viel zu umständlich - gemessen an meinen Bedürfnissen handelt es sich hier um eine ziemliche Fehlkonstruktion, mit der man weder besonders flott noch besonders präzise arbeiten kann. Daumen runter!

    Eventuell erwerbe ich demnächst den Rohrabschneider von Rieger. Oder ich nehme die ganz feinen Kürzungen wie bisher mit einem guten Cutter auf dem traditionellen Abschneideblock vor und riskiere dabei weiterhin den einen oder anderen nicht ganz geraden Schnitt....


  • #2

    David Werner (Sonntag, 25 November 2018 09:54)

    Vielen Dank Bernd für deine Erfahrungen.
    Ja, der Abschneider von Michel ist eher für das Aufschneiden der Rohr gedacht. Minimale Kürzungen funktionieren erst ab ca. 2/10mm, da das Rohr nirgens aufliegt, sondern von den zwei Klingen umschlossen wird. Wie beim Anschneideklotz ist sinnvoller die Blätter des Rohres beim minimalen Kürzen zusammenzudrücken. Das funktioniert beim Michelgerät nicht so gut.
    Aber zum Aufschneiden ist es echt genial. Ich habe jetzt auch schon mehrfach probiert Rohre aufzuschneiden ohne vorher die Schale zu entfernen (natürlich trotzdem eingeweicht) und es ist mir problemlos und mit wenig Kraftaufwand gelungen. Und durch das absolut exakte Einstelrad muss ich nun auch nicht mehr mit der Schiebelehre abmessen. Den Skalen an den Abschneidemaschienen habe ich bisher wenig vertraut, da entweder das Rohr zu locker saß oder die Skala zu ungenau war.
    Für mich ist die Michel Maschine eine echte Zeitersparnis.

    Für die Feinarbeit kann ich dir aber auch die Rieger empfehlen, da man die immer mit dabei haben kann und keine schiefen Rohre mehr hat ;-)

    RnS möchte ich, wie in meinem Test schon beschrieben, aber auch nicht klein reden. Mit der geht beides, wenn auch nicht so komfortabel.

    Die Maschine von Hipper kenne ich leider gar nicht und kann diese auf der Website von ihm auch nicht finden. Die wird aber denke ich auch wie eine Giullotine arbeiten und das Rohr zusammendrücken. Die Dreilochklingen sind aber bestimmt sehr dünn und schneiden besser in das Holz, was zu weniger Widerstand führen müsste.

  • #3

    Bernd Schulz (Sonntag, 25 November 2018 12:09)

    Der Hipper-Rohrabschneider befand sich wohl nie richtig im "offiziellen" Programm der Firma. Er wurde mir irgendwann (vor 6 oder 7 Jahren) von Christoph Hipper angeboten, ich habe ihn gekauft und nach ein paar Tagen gleich noch ein zweites Exemplar bestellt. Meinem Bedürfnis nach möglichst zügigem Arbeiten kommt das Gerät, das in der Tat eine Art Guillotine darstellt, sehr entgegen. Für die ca. 15 Rohre, die ich nahezu jeden Tag aufschneide, benötige ich damit keine 2 Minuten.

    Für den Feinschnitt werde ich mir auf jeden Fall einen Rieger-Abschneider kaufen - vielen Dank noch mal für die Informationen dazu! Generell sind meine Erfahrungen mit den Rieger-Maschinen sehr gut; ich besitze zwar auch Innenhobel von Michel sowie Rimpl, aber weitestgehend hobele ich meine Hölzer mit einem Rieger-Hobel aus. Und auch mein alter Außenhobel von Rieger funktioniert nach über 30 Jahren immer noch problemlos; bei bestimmten Rohren verwende ich ihn schon mal als Ergänzung zu den Hipper-Maschinen.