Schaben ohne Messer - Reed Geek


Oboenrohre schaben ohne Messer klingt erst einmal ein wenig ungewohnt. Bisher war eine Bearbeitung nur mit Messer oder Schleifwerkzeugen wie Feile oder Sandpapier möglich. Die amerikanische Firma ReedGeek hat nun ein Tool entworfen, mit dem man Oboenrohre schaben kann, ohne die Nachteile eines Messers. Die einzelnen Modelle bieten verschiedene Formen und Möglichkeiten.
Oboe-Blog hat die drei gängigsten Modelle getestet.


Wie kann das funktionieren? Schaben ohne Messer? - Die ReedGeek Tools bestehen aus einem einer sehr harten Metalllegierung, die mit sehr scharfen Kanten gefertigt sind. Diese Kombination macht es möglich das Oboenrohr wie mit einem Messer zu bearbeiten. Jede freiliegende Kante des Tools kann dabei genutzt werden. Auch die obere Spitze besitzt verschiedene scharfe Kanten. Spannend ist auch, dass man sich jedoch nicht damit schneiden kann. Die Kante kann ohne Verletzungen über den Finger gezogen werden. Trotzdem funktioniert das Tool fast so wie ein Schabemesser und nimmt Strich um Strich Holz weg.

 

Gerade für Flugreisen wird das Schabetool  absolut interessant. Ein Mitführen im Handgepäck sollte daher kein Problem sein.

Die Ausfräsungen an den Kanten des Tools bieten dem Anwender noch weitere Möglichkeiten der Bearbeitung. Die Rundungen passen sich der Wölbung des Holzes an und ermöglichen somit einen großflächigeren Schabebereich. Die angeschrägten Kanten bieten mehr Präzision und die Möglichkeit den ReedGeek anders zu halten und zu führen.

Die Kante des ReedGeek schneidet sich nicht ein.
Die Kante des ReedGeek schneidet sich nicht ein.

Mit der Kante des Reed Geek lassen sich die Oboenrohre genau wie mit einem Messer bearbeiten.
Mit der Kante des Reed Geek lassen sich die Oboenrohre genau wie mit einem Messer bearbeiten.

Das Schaben mit dem ReedGeek funktioniert sehr gut und genauso wie mit dem Schabemesser, auch wenn man natürlich spürt, dass ein frisch geschärftes Messer mehr Holz wegnimmt. Allerdings sind ungewollte Kanten oder Stufen im Rohr durch unvorsichtige Führung kaum möglich. Das Holz wird zwar richtig weggeschabt, jedoch dringt die Kante nicht so tief ein. Gerade für Anfänger und unerfahrene Oboisten absolut ideal. Aber auch für Profis bietet der ReedGeek neue Möglichkeiten und Vorteile.


Die an den unterschiedlichsten Stellen eingefrästen Rundungen und zusätzlichen Kanten sollen neue Möglichkeiten der Rohrbearbeitung ermöglichen. Die Rundungen passen besser zur Wölbung des Rohres und erlauben eine großflächigere Bearbeitung oder das Ausformen des Halbmondes. Etwas schwierig ist jedoch, dass der Blick beim Schaben ein wenig verdeckt wird. Dadurch ist es nicht so leicht den genauen Punkt zu sehen, wo man das Rohr bearbeitet. Auch das Finden des genauen Winkels fällt dadurch am Anfang etwas schwer.

Die eingefrästen Rundungen passen gut zur Wölbung des Oboenrohrs.
Die eingefrästen Rundungen passen gut zur Wölbung des Oboenrohrs.

Ebenso können die an der Spitze liegenden Kanten zur Bearbeitung genutzt werden. Durch Schieben des ReedGeek zum Rohrende kann genauso geschabt werden wie mit den seitlichen Kanten.

Auch Hin-und Herschieben oder Schaben zum Halbmond hin funktioniert gut und hinterlässt keine Rillen oder Kanten.

Richtig gut funktioniert übrigens die Bearbeitung der Fasson. Man kann die Fasson quasi schmaler schaben,

ohne das Absplittern von Fasern oder Rillen zu riskieren. Mit dem Schabemesser so gut wie unmöglich.


Zwei Nachteile sollen jedoch nicht unerwähnt bleiben. Die Bearbeitung ist sehr fein und daher nur für den Endschliff und die Nachbearbeitung zu empfehlen. Beim Rohrbau ist man mit dem Messer einfach schneller, da viel mehr Holz weggenommen wird.

Der zweite Nachteil zeigt sich darin, dass man den ReedGeek nicht schärfen kann. Wie lange eine Kante richtig scharf bleibt, zeigt wohl nur die Erfahrung. Zwar ist das Material sehr hart und Holz um vieles weicher, aber irgendwann wird auch der ReedGeek stumpf.

 

Nun zu den unterschiedlichen Modellen:

 

Im Test waren der "Chromium Double Geek Gen2", das Set "Edge and Curve" und "The Bullet".

 

Chromium Double Geek Gen2
Chromium Double Geek Gen2

Der Chronium Double Geek Generation 2 ist speziell für Doppelrohrbläser entwickelt. Die ausgefräste Rundung passt gut zur Wölbung des Rohres und des Halbmondes. Die kleine abgeschrägte Kante an der Spitze erlaubt präziseres Arbeiten. Die Aussparungen sind von beiden Seiten gleich gefertigt, so dass das Tool für Rechts- und Linkshänder gleichermaßen geeignet ist.
Die langen Kanten können von allen Seiten genutzt werden. Auch die Spitze ist mit unterschiedlichen Schrägen zur Bearbeitung versehen.


Zusätzlich zum Edelstahlgriff liegt ein kleiner Holzgriff bei, den man je nach Belieben austauschen kann. Ohne Werkzeug kann der gewünschte Griff auf- und wieder abgeschraubt werden. Zur Aufbewahrung liegt eine hochwertige Neoprentasche mit eingenähtem Reinigungstuch bei.

 

 

Die im Set daherkommenden Tools Edge und Curve zeichnen sich durch etwas schärfere Kanten und eine größere Wölbung aus. Sie sind mehr für den Rohrbau konzipiert und entfernen mehr Material, jedoch immer noch weniger als ein Messer.
Edge ist an den langen Kanten komplett gerade und fungiert wie das Schabemesser. Curve hat zusätzlich zwei Ausfräsungen. Beide "Klingen" sind etwas kürzer als beim Chromium Double Geek Gen2.
Auch hier liegen wieder ein Holz und ein Edelstahlgriff bei, die nach Belieben getauscht werden können.

Weiterhin gehören hier sogar zwei Neoprentaschen zum Lieferumfang. Eine große für das Tool inkl. Edelstahlgriff und eine kleine für die Wechselklinge.

Das Set "Edge and Curve"
Das Set "Edge and Curve"
Das komplette Set mit Zubehör
Das komplette Set mit Zubehör

"The Bullet"
"The Bullet"

The Bullet ist das kleinste der getesteten Modelle. Es ist gerade mal so groß wie das Oboenrohr selbst. Dafür besticht es durch eine enorme Härte. Entwickelt wurde es für die synthetischen Rohre und Blätter, da diese Härter als Holz sind und sich somit schwieriger bearbeiten lassen. Für Holz ist "The bullet" aber auch anwendbar und durch seine geringe Größe äußerst praktisch. Es passt optimal in jede Oboentasche. Wie beim Double Geek Gen2 sind auch hier Rundungen eingearbeitet und auch die Spitze kann zum Schaben genutzt werden. Für den Transport gibt es einen Kunststoffbehälter, der wie bei den Oboentransportröhrchen den Abstand zu den Seiten der Verpackung hält. Dadurch kann nichts kaputt gehen und das scharfe Werkzeug ist sicher verstaut.


Fazit

 

Die ReedGeek Tools sind ein gutes Tool zum Bearbeiten der Oboenrohre. Sie entfernen das Holz auf die gleiche Weise wie beim Messer, durch Schaben und nicht durch Schleifen oder Kratzen. Zusätzlich bieten Sie viele neue Möglichkeiten durch unterschiedliche Haltung und Führung, vor allem auch an den Seiten zum Schmälern der Fasson. Ein Ersatz für ein gutes Schabemesser sind sie allerdings nicht. Damit ist der geübte Rohrbauer schneller unterwegs. Für Feinheiten in der Nachbearbeitung und für unterwegs sind die Tools aber sehr praktisch.

Demovideo von ReedGeek an einem Fagottrohr


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Kommentare: 2
  • #1

    Karl-Friedrich Wentzel (Mittwoch, 02 September 2020 22:12)

    Ich nehme gerne den ReedGeek mit wenn ich mit der Oboe im Handgepäck im Flugzeug unterwegs bin. Bis jetzt bin ich immer durch die Sicherheitskontrollen gekommen, was mit einem normalen Rohrbaumesser natürlich unmöglich ist. Ein richtig scharfes Messer ist für mich aber zum Rohre Schaben generell besser, lediglich für Korrekturen ist der Geek super!

  • #2

    Bernd Schulz (Montag, 07 Juni 2021 23:38)

    Neulich hatte ich - anlässlich der tatsächlich stattgefundenen Aufführung einer Bach-Kantate in reduzierter Besetzung - Gelegenheit, das ReedGeek-Tool einer Kollegin zu testen. Mein klares Fazit lautet: Es handelt sich um ein Gimmick, welches ich definitiv nicht benötige! Wie mein Vorredner Karl schon angemerkt hat, kann ich mit einem scharfen Messer weitaus besser und genauer arbeiten - und mit oder ohne Oboe im Flugzeug gesessen habe ich zum letzten Mal 2003. Für diejenigen, die häufiger fliegen, mag es einen gewissen Sinn ergeben, sich über die Anschaffung einer Form des ReedGeeks Gedanken zu machen. Ansonsten stecke ich das Gerät ganz dreist in die ungeheuer große Rubrik "Dinge, die die Welt nicht braucht".

    Beste Grüße

    Bernd